
26. August 2025
Ein besonderes Projekt aus Schloß Delligsen
Kreativität als Schlüssel zur Selbstwirksamkeit
Am 14. Juli 2025 hieß es Abschied nehmen: Nach fast drei Jahren verließ André die Wohnstätte Schloß Delligsen und kehrte zurück in seine ostfriesische Heimat. Mit ihm ging nicht nur ein geschätzter Bewohner, sondern auch ein Mensch, der mit Kreativität, handwerklichem Geschick und einer berührenden Lebensgeschichte viele Spuren hinterlässt.
Andrés Weg innerhalb der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen begann bereits 2017 im Haus Bardenfleth, führte ihn später ins Haus Kayhauserfeld und schließlich im Oktober 2022 nach Delligsen. In jeder Einrichtung hat er Schritte gemacht – in seiner Entwicklung, in seiner Gesundheit und in seinem Selbstwertgefühl. Dabei war es nicht nur die professionelle Begleitung, die ihm half, sondern auch ein ganz besonderes Projekt: der Bau eines Puppenhauses.


„Ich habe in Kayhauserfeld mit dem Grundgerüst angefangen“, erzählt André. „Mitgebracht habe ich es dann nach Delligsen, weil es für mich viel mehr ist als ein Bastelprojekt. Es erinnert mich an meinen Opa, der früher selbst viel gebaut hat. Und es hat mir geholfen, wieder ruhiger zu werden und mich zu konzentrieren.“ Das Puppenhaus ist ein kleines Kunstwerk – detailverliebt, stabil und ausdrucksstark. Mehr als 500 handgefertigte Holz-Ziegel schmücken das Dach. Die Arbeit daran zog sich über knapp drei Jahre und verband verschiedene Stationen seines Lebens miteinander. In den Holzwerkstätten von Haus Bardenfleth und Schloß Delligsen entstanden kleine Räume, Miniaturmöbel und Verzierungen – alles mit viel Geduld und handwerklichem Geschick.
„Durch das Puppenhaus habe ich gemerkt, dass ich trotz meiner Spastiken wieder mit den Händen arbeiten kann“, sagt André. „Es war wie Therapie für mich. Und wenn ich etwas fertiggestellt habe, dann habe ich mich gefreut.“ Die Tagesstruktur half ihm dabei, auch psychisch: „Ich habe gelernt, mich selbst wieder wertzuschätzen. Ich habe keine Angst mehr davor, Menschen anzuschauen. Ich kann wieder lächeln, mit neuem Gebiss, und hören, dank des Cochlea-Implantats.“
Tanja Sander, Einrichtungsleiterin der Wohnstätte Schloß Delligsen, hebt Andrés Entwicklung hervor: „André ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Menschen in unseren Einrichtungen neue Perspektiven entwickeln können. Wir haben miterlebt, wie er aufblühte – durch die Arbeit in der Tagesstruktur, durch seine Kreativität und den Willen, sich weiterzuentwickeln. Das Puppenhaus, das er geschaffen hat, bleibt bei uns als Zeichen seiner Kraft und seines Könnens.“


André zieht es zurück nach Ostfriesland – vor allem, um die Verbindung zu seiner Tochter wieder aufleben zu lassen.
„Ich freue mich auf die neue Zeit, aber ich gehe auch mit einem weinenden Auge“, sagte er zum Abschied. „In Delligsen habe ich mich zum ersten Mal richtig angekommen gefühlt. Die Unterstützung der Paritätischen Suchthilfe war für mich eine große Hilfe – ohne diese Chancen hätte ich nicht überlebt.“
Wir danken André für seine Offenheit, seine Stärke und die Momente, die er mit uns geteilt hat. Für seinen weiteren Weg in der alten Heimat wünschen wir ihm von Herzen alles Gute, viel Gesundheit und viele weitere kreative Projekte.
Update:
Nach einigen Wochen hat sich gezeigt, dass André sich in seiner neuen Einrichtung nicht wohlfühlte. Umso schöner ist es, dass er den Weg zurück ins Schloß Delligsen gefunden hat – dorthin, wo er bereits zuvor Halt, Sicherheit und ein Gefühl von Zuhause erleben durfte. Hier knüpft er wieder an seine gewohnten Strukturen und seine kreative Arbeit an und setzt seine persönliche Entwicklung in vertrauter Umgebung fort.