SPD-Regionsfraktion besucht Kontakt- und Konsumraum Stellwerk

Einblicke in die vielfältige Arbeit der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen

Am Donnerstag, den 26. Juni 2025, besuchten Regina Hogrefe, Angelo Alter und Anja Sander der SPD-Regionsfraktion Hannover/ AG Soziales, Wohnungswesen und Teilhabe den Kontakt- und Konsumraum Stellwerk. Begleitet wurde der Besuch von Carola Bau, Prokuristin der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen und der Abteilungsleiterin Corinna Heinemann. Im Rahmen einer Führung sowie einer anschließenden Präsentation erhielten die Gäste einen umfassenden Einblick in die tägliche Arbeit, die Herausforderungen vor Ort und die Rolle der Einrichtung innerhalb der Suchthilfe.

Verlässlich vor Ort: Die Paritätische Suchthilfe in Hannover und der Region
Zu Beginn wurde das breite Netzwerk der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen vorgestellt, das seit über 50 Jahren mit über 40 Einrichtungen und Angeboten in der Sucht-, Jugend- und Eingliederungshilfe aktiv ist – auch in der Landeshauptstadt Hannover und der Region Hannover. Allein in den drei Beratungsstellen – Drobs Hannover, FAM Hannover und Suchtberatung Barsinghausen – wurden im vergangenen Jahr insgesamt über 1.700 Klient:innen beraten, begleitet und unterstützt. Als Trend lässt sich aus den Statistiken ablesen, dass der Kokainkonsum stark zunimmt, der Konsum von Opiaten rückläufig ist, aber viele Menschen, die die Beratungsstellen aufsuchen, diverse Substanzen konsumieren.

Stellwerk: Viel mehr als ein Drogenkonsumraum
Im Zentrum des Besuchs stand der Kontakt- und Konsumraum Stellwerk, die einzige Einrichtung mit einem Drogenkonsumraum in ganz Niedersachsen. Das Stellwerk bietet weit mehr als einen geschützten Ort für den Konsum mitgebrachter Suchtmittel: eine medizinische Ambulanz, sozialpädagogische Beratung und Begleitung, Safer-Use- und Safer-Sex-Beratung, warme Mahlzeiten, Dusch- und Waschmöglichkeiten, eine Kleiderkammer – sowie intensive aufsuchende Sozialarbeit im öffentlichen Raum. „Wir begegnen Menschen, die in komplexen Lebenslagen stecken, oft wohnungslos sind, psychisch belastet und gesundheitlich stark beeinträchtigt – unser Ziel ist es, Stabilität, Würde und Zugang zu Hilfe zu schaffen“, betonte Corinna Heinemann. Die aufsuchende Arbeit reagiert auf die zunehmende Verdrängung substanzgebrauchender Menschen, insbesondere in bahnhofsnahen Bereichen, mit Präsenz, Kontakt und Unterstützung direkt vor Ort – in enger Anbindung an das Stellwerk.

Wachsende Herausforderungen bei wachsendem Bedarf
Neben der intensiven alltäglichen Arbeit im Stellwerk wurden auch die Rahmenbedingungen kritisch beleuchtet – insbesondere mit Blick auf strukturelle Herausforderungen. Die Vertreterinnen der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen verdeutlichten, dass die stetig steigenden Kosten im Sach- und insbesondere im Personalaufwand nicht durch eine entsprechende Dynamisierung der kommunalen Finanzierung aufgefangen werden. Dies wird zu Einschränkungen der Angebote führen – obwohl der Bedarf wächst. „Wenn die Finanzierung mit dem realen Aufwand nicht Schritt hält, können wir nicht gewährleisten, was dringend notwendig ist: Stabilität, Verlässlichkeit, Sicherheit. Es geht nicht nur um Zahlen, sondern um Menschen“, erklärte Carola Bau.

Konkrete Handlungsbedarfe: Für eine zukunftsfähige Suchthilfe
Im Austausch mit den Abgeordneten wurden zentrale strukturelle Handlungsbedarfe benannt:

Anpassung der Förderstrukturen: Die Fördermittel müssen sich an den realen Kostenentwicklungen orientieren, um Angebotssicherheit zu gewährleisten. Ohne Dynamisierung drohen perspektivisch Leistungsreduzierungen, Wartezeiten oder eingeschränkte Öffnungszeiten – bei steigendem Bedarf.

Förderung von Klimaschutz- und Hitzeschutzmaßnahmen: Besonders vulnerable Gruppen, wie suchtmittelgebrauchende oder wohnungslose Menschen, sind den gesundheitlichen Risiken zunehmender Hitze besonders stark ausgesetzt. Schutzmaßnahmen – etwa baulicher Sonnenschutz, klimatisierte Räume oder angepasste Arbeitsbedingungen – müssen als notwendige Bestandteile der sozialen Infrastruktur anerkannt und finanziert werden.

Wohnraum für abhängigkeitserkrankte Menschen: Auch erfolgreiche Beratungs- und Betreuungsprozesse geraten an ihre Grenzen, wenn es keinen Zugang zu geeignetem Wohnraum gibt. Wohnungsnot wirkt rückfallverstärkend und erschwert die soziale Integration erheblich. Es braucht quartiersnahe, akzeptanzorientierte Wohnangebote mit begleitender Unterstützung.

Erhalt tagesstrukturierender Beschäftigungsangebote: Geförderte Arbeitsmöglichkeiten geben Struktur, Selbstwirksamkeit und Perspektive. Ihr Wegfall würde ein zentrales stabilisierendes Element für viele Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen entziehen. Die Paritätische Suchthilfe Niedersachsen setzt sich daher für den Ausbau und die langfristige Sicherung solcher Arbeitsprojekte ein.

Konsequente Entstigmatisierung und Teilhabeförderung: Abhängigkeitserkrankte Menschen sind sichtbar – und werden dennoch gesellschaftlich häufig ausgegrenzt. Die Paritätische Suchthilfe Niedersachsen plädiert für eine klare politische Positionierung gegen Stigmatisierung und für soziale Teilhabe. Dazu gehört auch eine reflektierte Diskussion über Repression und Verdrängung im öffentlichen Raum. „Teilhabe und Entstigmatisierung sind zentrale Bausteine moderner Suchthilfe. Wer die Betroffenen aus dem Stadtbild verdrängt, nimmt ihnen die Chance, erreicht zu werden und verstärkt damit das Problem“, sagte Corinna Heinemann.

Expertise einbringen – gemeinsam Lösungen gestalten
Zum Abschluss luden die Vertreterinnen der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen die Gäste herzlich ein, die Paritätische Suchthilfe Niedersachsen bei allen Fragen und Themen rund um alle Themen der Sucht zu nutzen. Mit jahrzehntelanger Erfahrung in Beratung, Prävention, Jugendhilfe, Eingliederungshilfe, Rehabilitation, Wohnen und Arbeitsförderung ist die Organisation hervorragend aufgestellt, um bei Planungs- und Entwicklungsprozessen mitzuwirken.

„Wir freuen uns sehr über das Interesse der Abgeordneten und bieten ausdrücklich an, unser Fachwissen abzurufen– sei es durch Beratung, Hospitationen oder gezielte Einrichtungsbesuche“, so Carola Bau. Ein nächstes Gespräch mit Stadt und Region Hannover zur Weiterentwicklung des Stellwerks steht bevor. Die Paritätische Suchthilfe Niedersachsen blickt diesem Austausch zuversichtlich entgegen – mit dem Ziel, gemeinsam verlässliche Perspektiven für Menschen in schwierigen Lebenslagen zu schaffen.

SPD-Regionsfraktion besucht Kontakt- und Konsumraum Stellwerk: Einblicke in die vielfältige Arbeit der Paritätischen Suchthilfe Niedersachsen

Foto (v.l.n.r.): Carola Bau, Angelo Alter, Anja Sander, Regina Hogrefe, Corinna Heinemann

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